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EBSW - Wort auf den Weg 2/2010

Der Engel in dir
freut sich über dein
Licht
weint über deine Finsternis
Aus seinen Flügeln rauschen
Liebesworte
Gedichte Liebkosungen
Er bewacht deinen Weg
Lenk deinen Schritt
engelwärts
(Rose Ausländer)

Hier ist die Rede vom „Engel in dir“. Eine etwas ungewöhnliche Vorstellung, dass wir einen Engel in uns tragen sollen. Möglicherweise ist das eine für manche sogar recht befremdliche Vorstellung. Schließlich denken wir bei Engeln normalerweise an Gestalten außerhalb unserer Selbst. Wir sind gewohnt, Gott und Engel als Eines zu sehen und zwar als eine Gestalt von oben her. Hier aber haben wir den Engel „in mir“. Ich habe mich gefreut über diese Annäherung und habe mir gedacht, das ist schön, dass ein Engel mir so unmittelbar nahe sein kann. Wenn er sich mit mir über mein Licht freut und mit mir weint, wenn ich mich in Finsternis befinde, wenn’s mir also schlecht geht. Das ist dann jemand, der mir wirklich helfen kann, mein Leben zu meistern.

Ja, und da rauschen aus seinen Flügeln Liebesworte, Gedichte und Liebkosungen. Wie schön! Da gibt es also jemanden, der mich aufmuntern will. Da ist jemand, der zu mir spricht, der auf mich eingeht. Ja, auch jemand, mit dem ich selbst in einen Dialog eintreten kann, wenn ich’s nur will. Mein Leben öffnet sich also zu ihm hin, zu Gott hin, möchte ich sagen. Darum ist dieser Engel viel mehr als nur ein Schutzengel, der uns als Engelsgestalt in der Regel vertraut ist. Aber auch diese Eigenschaft eines Engels fehlt hier nicht. Denn es heißt auch im Gedicht: „Er bewacht deinen Weg“.

Beim letzten Gedanken des Gedichts wechselt die Perspektive. Am Anfang ging es immer um das Tun des Engels, um das, was uns von ihm zukommt. Zum Schluss aber sind wir selbst angesprochen und das ist gut so! Warum soll nur der Engel, soll Gott, für uns allezeit bereitstehen? Auch wir müssen das Unsere dazu beitragen. Darum heißt es: „Lenk deinen Schritt engelwärts“.

Ich möchte das nicht auf die Ewigkeit bezogen interpretieren. So, als sollte der Engel ein steter Hinweis auf die Ewigkeit sein, auf die ich mich hinbewege. Nein, ich möchte mich dazu anleiten lassen, hier zu bleiben auf unserer Erde und es als Aufforderung verstehen, mein Leben hier und jetzt nach diesem Engel, nach Gott, auszurichten. Sensibel soll ich dafür werden. Diese Sensibilität fehlt uns oft, weil wir zu sehr beschäftigt sind. Jeder trägt schließlich seine Lasten mit sich herum. Darum meine ich, ist es ein guter Ratschlag zu sagen „Lenk deinen Schritt engelwärts“.

Das soll aber kein Muss, kein Zwang sein. Die Autorin hat nämlich bewusst auf Satzzeichen verzichtet. Da fehlt das warnende und mahnende Ausrufezeichen, das uns manchmal Unbehagen verursacht, am Schluss. Nicht einmal ein abschließender Punkt ist da. Also folgen wir dem und lenken ganz einfach und unbeschwert unseren Schritt engelwärts.

Arnd Kaiser

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